Kaum eine Stunde im politischen Berlin vergeht ohne, dass sich die Altparteien ihrer großartigen demokratischen Gesinnung rühmen. Heute wollen wir uns einmal ansehen, wie diese Selbstbeschreibung in der Realität aussieht.
Wir gehen davon aus, dass Demokraten sich selbstverständlich an ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts halten. Oder etwa nicht?
Worum geht es konkret?
Alle im Bundestag vertretenen Parteien haben sogenannte parteinahe Stiftungen gegründet. Die CSU, die Hanns-Seidel-Stiftung, die SPD, die Friedrich-Ebert-Stiftung oder die Grünen, die Heinrich-Böll-Stiftung. Diese Parteien werden mit Hilfe von Steuerzahlermitteln finanziert. Nachdem die AfD 2017 in den Bundestag einzog, stellte sie einen Antrag in dem Sinne, dass auch ihre eigene Stiftung, die Desiderius-Erasmus-Stiftung, staatliche Mittel erhält.
Grundsätzlich steht die AfD den Parteistiftungen kritisch gegenüber, behält sich allerdings vor, mit Rücksicht auf die politische Chancengleichheit in diesem Bereich ebenso tätig zu sein.
Damals wurde der AfD eine Finanzierung mit der Begründung verweigert, dass die Partei ja erstmalig im Bundestag vertreten sei und eine finanzielle Berücksichtigung erst beim zweiten Einzug möglich wäre. Nachdem dies 2021 stattfand, weigerte man sich aber nach wie vor, die Erasmus Stiftung zu berücksichtigen. Man hätte ja selbst auf Geld verzichten müssen.
Bundesverfassungsgericht urteilt: Bundesregierung handelt verfassungswidrig
Dagegen zogen wir vor Gericht und bekamen vor dem höchsten deutschen Gericht Recht.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil vom 22.02.2023 festgestellt, dass die Nichtberücksichtigung der AfD-nahen Desiderius Erasmus Stiftung bei der Vergabe von finanziellen Mitteln bereits seit 2019 verfassungswidrig und nicht gerechtfertigt sei.
Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht und dem Gesetzgeber aufgegeben, für die Vergabe von Mitteln an die politischen Stiftungen ein eigenständiges Gesetz zu verabschieden. Grundlage dafür müssen in jedem Fall auch die früheren Urteile des Bundesverfassungsgerichts sein.
Seitdem ist nichts passiert. Im Haushalt 2024 sind Mittel für die Stiftungen aller anderen Parteien vorgesehen. Mit einer Ausnahme: Der Desiderius-Erasmus-Stiftung. Die Altparteien weigern sich also über sieben Monate nach dem Urteil des Verfassungsgerichts, eben jenem Folge zu leisten.
Soll dies Verfassungstreue sein? Sieht so das Demokratieverständnis der Altparteien aus? Kann man so etwas demokratiefreundlich nennen? Wohl kaum.
Neuer Gesetzesentwurf zur Parteienfinanzierung aliás “Lex Anti-AfD"
Am 10.10.2023 wurde dann der Gesetzesvorschlag öffentlich, der jedem Demokraten die Sprache verschlagen muss.
Die Ampelkoalition und die Union wollen mit einem neuen „Stiftungsgesetz“ künftig verhindern, dass Stiftungen von Parteien, die ihnen politisch Konkurrenz machen, staatlich gefördert werden. Der Bundestag solle zügig einen entsprechenden Gesetzentwurf diskutieren, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Einem Bericht des Nachrichtenportals „The Pioneer“ zufolge soll mit dem Gesetzentwurf natürlich ganz speziell die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) von der Finanzierung ausgeschlossen werden.
Und das funktioniert so: Parteien, die sich wie Union, Grüne, SPD und FDP weigern, ein Urteil des Verfassungsgericht umzusetzen, definieren politische Gegner, deren Positionen ihnen nicht passen einfach als „rechts“ oder „demokratiefeindlich“. Was darunter zu verstehen ist, bestimmen die Altparteien selbst. Sie selbst sind natürlich über jeden Zweifel erhaben.
Wir erinnern daran, dass das Bundesverfassungsgericht vor der parlamentarischen Sommerpause in Berlin das Gesetzgebungsverfahren zum Gebäudeenergiegesetz und seinem Zwang zur Wärmepumpe mit der Begründung stoppte, die Ampelregierung (SPD, FDP, Grüne) hätte mit dem entsprechenden beschleunigten Gesetzgebungsprozess die Rechte des Parlaments missachtet. Das ist natürlich kein Problem, denn selbst darf man alles. Man definiert sich ja als „demokratische Parteienfamilie“.
Es ist einfach kaum zu glauben. Darüber hinaus muss eine Partei nun dreimal in Fraktionsstärke in den Bundestag gewählt werden, um für die entsprechende eigene Stiftung überhaupt eine Chance auf finanzielle Förderung zu haben.
Da dies allerdings ein Problem für die mitregierende FDP wäre, hat man sich einen Kniff ausgedacht: Um die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung nicht auch von den Geldern auszuschließen, fügte die Ampel einen weiteren Passus hinzu: „Wurde eine politische Stiftung bereits über mindestens zwei aufeinanderfolgende Legislaturperioden gefördert, ist es unschädlich, wenn die nahestehende Partei für die Dauer einer Legislaturperiode nicht im Deutschen Bundestag vertreten ist.“ Die FDP war 2013 unter die Fünf-Prozent-Hürde gerutscht und erst 2017 wieder in den Bundestag eingezogen.
Fazit
Was hier in hellem Tageslicht betrieben wird, ist eine klare und eindeutige Delegitimierung unseres Rechtsstaates, die jeder Beschreibung spottet. Die Stimmen von Millionen von Wählern werden als minderwertig bzw. nicht existent klassifiziert und die Rechte dieser Menschen bzw. der Parteien, für die sie sich entschieden haben, mit Füßen getreten.